WEsER-Modell: Conclusions


Schlussfolgerungen

Empfehlungen


WKA ersetzen Grundlastkraftwerke

Als wichtigste Schlussfolgerungen aus den Betrachtungen mit WEsER folgt die Bestätigung der Eingangshypothese, dass in einem zukünftigen, kostenoptimierten Stromerzeugungsmix mit hohem Anteil an Windenergienutzung der Anteil der sog. Grundlastkraftwerke deutlich zurückgeht. Dies steht Ergebnissen früheren Untersuchungen (bei den das Ausmaß der Windenergienutzung noch nicht absehbar war) entgegen. Die Ursachen hierfür liegen zum einen in dem durch die Stromeinspeisung aus WKA verkleinerten „Grundlastsockel“ der Nachfrage, der momentan noch bei 30 bis 40 GW liegt. Zum anderen lassen die durch den Wind verursachten Fluktuationen der resultierenden Nachfrage kaum mehr den ungeregelten, permanenten Betrieb von Kraftwerkskapazität zu. Dies verschärft sich, wenn beachtet wird, dass im Gegensatz zu den Annahmen der durchgeführten Untersuchung in Wirklichkeit der Verlauf der Windkraft-Einspeisung nicht über mehrere Tage mit hoher Genauigkeit bekannt ist und die Entscheidung, ein AKW oder Braunkohlekraftwerk zu betreiben ein Risiko darstellen kann, wenn die Abnahme der Erzeugung nicht gewährleistet ist. Wenn allerdings die Klimaschutzziele mit Hilfe des Einsatzes der Atomenergie erreicht werden sollen, geht dies auf Kosten der Anteile der Windenergienutzung. Die kostenoptimale Kraftwerksparkstruktur sieht dann keine Nutzung des regenerativen Erzeugers mehr vor.

Zusatzkosten der Windenergienutzung sind gering

Ein zukünftiger Kraftwerkspark zur Bereitstellung des Strombedarfs verursacht bei Einhaltung der Klimaschutzziele nahezu die gleichen Kosten mit oder ohne Windenergienutzung. Aufgrund des zur Erreichung der CO2-Reduktionsziele notwendigen hohen Anteils einer Stromerzeugung aus Gaskraftwerken bei einem Szenario ohne Windenergienutzung ist die Variante einer starken Windenergienutzung mit den damit verbunden (EEG-)Kosten, insbesondere bei Anwendung des demand side management, durch ein gleiches Kostenniveau ausgezeichnet. Wenn der Gaspreis im Vergleich zu heute stärker als im „Normal“-Szenario ansteigt, ist die Nutzung der Windenergie im Gegensatz zu einem Verzicht sogar mit Kostenvorteilen verbunden, wenn das vorgegebene CO2-Reduktionsziel eingehalten werden soll. Geringere Kosten als in den Szenarien mit (hohen) Anteilen der Windenergie lassen sich nur durch den Verzicht auf die CO2-Reduktionsziele erreichen oder bei deutlichem Ausbau der Atomenergienutzung. Die sich damit ergebende Struktur der Stromerzeugung ist dann jedoch nicht regenerativ.

WKA-Nutzung bewahrt „Strommix“

Der weitere Ausbau der Windenergienutzung führt dazu, dass selbst bei Einhaltung einer 40%igen CO2-Emissionsverminderung der Stromerzeugungsmix aus mehreren Primärenergieträgern, insbesondere auch aus (Stein)Kohle, besteht. Ein Verzicht auf die Stromerzeugung aus Wind würde für die Einhaltung der Klimaschutzziele die nahezu ausschließliche Nutzung des Import-Energieträgers Gas bedeuten. Dies wäre im Sinne einer Risiko-Minimierung in der Energiewirtschaft nicht empfehlenswert. Je höher dabei die Stromerzeugung aus WKA ist, desto mehr Kohle kann bei gleichzeitiger Einhaltung der Reduktionsziele eingesetzt werden. Allerdings ist dieser Zusammenhang begrenzt durch die Notwendigkeit, die Windstromerzeugung mit Hilfe schnell regelbarer Kraftwerkskapazität an die Nachfrage anzupassen. Damit ist auch klar, dass Braunkohlekraftwerke mit ihrer sehr unflexiblen Dynamik aus Kostengründen in der Erzeugungsstruktur nur in geringem Umfang vorkommen können.

EEG - Garant einer hohen Windenergienutzung mit positiven Effekten für den Klimaschutz

Das Erneuerbare Energien Gesetz mit seinen wesentlichen Aussagen der Abnahmegarantie und Mindestvergütung des regenerativ erzeugten Stroms stellt für die Entwicklung der Windenergienutzung die stärkste (und derzeit einzige) Antriebs- und Entwicklungskraft dar. Durch das EEG haben sich die Installationszahlen von WKA in Deutschland deutlich gesteigert und Prognosen der zukünftigen Entwicklung, die bei ihrer Veröffentlichung als optimistisch galten, wurden stets von der Realität überholt. Eine Weiterentwicklung der Windenergienutzung ohne EEG scheint derzeit schwer vorstellbar. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Einhaltung der hohen CO2-Reduktionsziele die durch das EEG verursachten großen Anteile der Stromerzeugung aus WKA keine bzw. nur geringe Zusatzkosten bei der Deckung der Nachfrage bewirken. Darüber hinaus führt die Betrachtung einer Entwicklung ohne Vorgabe eines CO2-Ziels zur Erkenntnis, dass allein mit der durch das EEG motivierten installierten WKA-Leistung bereits eine CO2-Reduktion von 21% im Vergleich zu 1990 erreicht werden kann. Andererseits sind die dabei entstehenden Kosten für die Stromerzeugung nur unwesentlich geringer als bei der Zielvorgabe einer 40%igen CO2-Reduktion bei gleichem Anteil der installierten WKA-Leistung. Das EEG ist also kein Garant für die kostengünstigste CO2-Vermeidungsstrategie. Ohne dieses Förderinstrument jedoch bleibt der Anteil der Windenergienutzung deutlich geringer, insbesondere, wenn die Atomenergie als CO2-emissionsarmer Erzeuger als Option in einem zukünftigen Strommix berücksichtigt werden sollte.

Notwendige Strukturanpassungen sind unabhängig von Qualität des Windjahres

Die WEsER-Untersuchungen insbesondere für 2020 haben auch gezeigt, dass selbst bei schlechten Windjahren mit einem insgesamt deutlich verringerten Ertrag die Beschaffenheit der resultierenden Nachfrage so anders als der heute übliche Verlauf ist, dass die strukturellen Änderungen bei der Zusammensetzung des Stromerzeugungsmixes auch dann erforderlich sind. In nahezu allen untersuchten Szenarien muss der Anteil der „Grundlastkraftwerke“ zugunsten flexibler Stromerzeuger, im Wesentlichen gasbetriebene Kraftwerke, geändert werden.


Empfehlungen

Anhand der dargestellten Schlussfolgerungen lassen sich Empfehlungen für Entscheidungsträger in der Energiewirtschaft ableiten. Dabei ist zu beachten, dass diese Untersuchung eine gesamtwirtschaftliche Kostenoptimierung betrachtet, bei der eine perfekte Vorausschau der Entwicklung kennzeichnend ist. Die dabei erzielten Ergebnisse lassen sich als prinzipielle Hinweise verstehen, wie die heutige Struktur der Stromerzeugung angepasst werden sollte, wenn die dargestellten Annahmen zutreffen. Insofern kann diese Untersuchung als Ergänzung des von der Bundesregierung vorgestellten Energieberichtes oder des kürzlich erschienenen Berichts der Enquete-Kommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ des Deutschen Bundestages verstanden werden.

In Wirklichkeit existieren im Stromerzeugungssektor eine Reihe von Marktteilnehmern, die nicht über eine perfekte Vorausschau der (politischen) Entwicklungen bezüglich des Zubaus von Windkraftanlagen verfügen. Darüber hinaus konkurrieren die Unternehmen untereinander, was zu einer Diversifizierung der Lösungsansätze (z.B. für den Klimaschutz allgemein, aber auch bei der Frage der Integration der fluktuierenden Stromerzeugung aus WKA) führt. Aus heutiger Sicht kann deshalb nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, welche der möglichen Entwicklungen letztendlich die optimalste darstellt.

Unter den dargestellten Voraussetzungen ergibt sich als vordringlichste Handlungsempfehlung, den weiteren Aus- und Zubau großer fossiler Kraftwerke mit hohen Investitionskostenanteilen bei gleichzeitig geringen Brennstoffkosten, die für einen wirtschaftlichen Betrieb eine hohe Ausnutzungsdauer erreichen müssen, deutlich zu reduzieren, falls an dem Ziel eines hohen Anteils der Windenergienutzung festgehalten wird.

Darüber hinaus zeigt diese Untersuchung, dass die Erreichung ambitionierter Klimaschutzziele ohne erhebliche Zusatzkosten möglich ist. An dem Kyoto-Ziel sowie dem von der Enquete-Komission vorgeschlagenen 40%-CO2-Reduktionsziel bis 2020 sollte festgehalten werden. Dass indes die Erreichung des Kyoto-Ziels noch nicht gewährleistet ist, zeigt die Größe der Herausforderung. Es ist dargestellt worden, dass die Verwendung von REG zur Stromerzeugung über den Aspekt der CO2-Reduktion hinaus Vorteile gegenüber der bisherigen Erzeugungsstruktur besitzt. Die Steigerung ihres Anteils kann besonders gut durch eine technologiespezifische Förderung, wie es das EEG darstellt, erreicht werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sollte deshalb in seiner bisherigen Form weitergeführt werden, wenn eine Steigerung der installierten WKA-Leistung in der Größenordnung 40-50 GW bis 2020 in Deutschland erzielt werden soll.

Unter dem Aspekt der CO2-Reduzierung denkbare andere Instrumente wie z.B. ein Emissionshandel führen nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Anteils von REG an der Stromerzeugung, da andere, womöglich preisgünstigere CO2-Vermei­dungsstrategien gewählt werden können. Sollte es jedoch z.B. zu einer CO2-Reduktion durch vermehrten Gas(kraftwerke)-Einsatz kommen, könnte dies auch für die Stromgestehungskosten negative Folgen haben, weil durch ein dann Gas-lastiges Erzeugungssystem eine hohe Brennstoffpreisabhängigkeit der Stromerzeugung entstünde. Die Windenergienutzung hat hingegen auch im Hinblick auf die dadurch gewährleistete größere Unabhängigkeit von Import-Energieträgern Vorteile. Darüber hinaus führt ein hoher Anteil der Stromerzeugung aus WKA zu einer gewissen Diversifizierung des Erzeugungsmixes; Steinkohle kann so auch bei ambitionierten Klimaschutzzielen weiterhin eine Rolle im Stromsektor spielen. Zur Verringerung der Stromerzeugungskosten in einem System mit hohem Windenergieanteil sollten ausserdem demand side management Systeme (weiter-)entwickelt werden, die die Fluktuationen der Windstromerzeugung zu Teilen kompensieren können.